Das ZDF sendet am kommenden Sonntag, 29. September, den Film "Ein Sommer in Portugal", den ich vorab sehen konnte. Hier meine kleine Kritik:
Als Liane (45) gespielt von Gesine Cukrowski auf dem Flughafen in Lissabon landet, wird das erste von vielen Klischees im Film bedient: Statt Ihres Mannes Ben wartet der klassische Latin Lover auf die attraktive, große Blondine: João (Paulo Pires). Ehegatte Ben (Bernhard Schir) hat seinen Freund und Kollegen zum Abholen der Holden geschickt, weil er selber noch in Marokko weilt, um sein letztes Hotelprojekt abzuschließen. Dabei war die Reise der beiden eigentlich als Rettungsmission für die bröckelnde Ehe gedacht. Aber nun steht da statt Ben der attraktive Südländer, der natürlich ganz romantisch per Moped gekommen ist, weil sein Auto eine Panne hat. Die gemeinsame Fahrt vom Flughafen zum Hotel führt folgerichtig zum ersten Körperkontakt - und zum nächsten Klischee: In Portugal sind die Polizisten nett, sprechen deutsch und sind irgendwie mit jedem bekannt. Weil João ohne Helm fährt, wird er angehalten, und es stellt sich heraus, dass der Beamte nicht nur perfekt Lianes Sprache beherrscht, sondern auch mit Joãos Schwester liiert ist. Portugalkenner wissen: das ist nicht immer so.
Regisseur Michael Keusch hat für RTL etliche TV-Filme gedreht und dabei eine ebenso sterile wie perfektionistische Bildsprache entwickelt. Diese treibt er nun auf die Spitze und gelegentlich etwas darüber hinaus. Die Aufnahmen und Perspektiven sehen bis an die Schmerzgrenze kitschig aber gut aus. Die Drehorte sind sorgfältig gewählt: Neben Lissabon geht’s nach Cascais und Sintra – ohne Frage touristische Perlen Portugals. Aber wieder muss man einschränken: Jeder der das Land kennt, weiß auch, dass es anders dort aussieht, als in diesem Film. Gerade Lissabon und besonders der mittelalterliche Stadtteil Alfama bestechen nicht alleine durch idyllische Sterilität, sondern werden erst durch den ganz unkitschigen Verfall lebendig und verfügen über einen morbiden Charme – den der Regisseur zu zeigen sich aber fast nicht traut.
Etwas schmuddelig aber eindeutig mit viel Romantik-Touch kommt dann das - ziemlich leere – eigene "Castelo" von João rüber, das natürlich in der Schloss-Stadt Sintra liegt. Leer deshalb, weil seine Frau erst schwanger wurde und dann Krebs bekam. Das Kind überlebte die Chemotherapie im Mutterleib nicht, die Frau starb bald danach. Witwer João präsentiert sich also als der ideale, selbst einsame und immer noch leidende Soft-Macho. Es kommt wie es kommen muss, Liane spielt die Witwertrösterin und erlebt ihre sexuelle Offenbarung. Denn von ihren bisherigen Orgasmen war "keiner echt", wie sie Ben gesteht, als der Film auf seinen dramaturgischen Höhepunkt zusteuert. Das hört sich alberner an, als es ist, denn zum Schluss hin entwickelt sich "Ein Sommer in Portugal" immer besser. Gesine Cukrowski kommt mit Liane klar, die sie zu Beginn etwas hölzern gibt, und die boulevardesken Momente wie chronologisch völlig zusammenhanglose Schnitte und deutsch sprechende Polizisten werden weniger.
Klischeehaft aber stimmig sind die Sprachübungen: Bis Liane den Namen Ihres portugiesischen Fremdenführers richtig vollmundig rausnuscheln kann, muss sie erst von einer Wespe gestochen werden und "aua" rufen. Überhaupt die Sprache. Dass João deutsch kann, mag ja noch angehen. Dass in dem Film aber fast kein Portugiesisch gesprochen wird, Liane auch anscheinend das in Hotels gängige Englisch nicht beherrscht und daher die Angestellten fröhlich auf Deutsch anspricht, worauf die auch mal auf Italienisch-Englisch ("Buona Sera, welcome in Portugal") antworten, wirkt gaga. Das wird aber durch einen Schlussgag – der nur für Insider einer ist - wieder gutgemacht: Als Liane "obrigado" (danke) sagt, verbessert sie sich schnell, weil sie es jetzt ja gelernt hat, und sagt richtig die weibliche Form "obrigada". Da lacht der Sprachkundige kurz auf.
Man ist sich bis zum Schluss nicht sicher, auch weil um Liane heftig und durchaus ehrlich geworben wird, für welchen Weg sie sich entscheidet. Dass offen über Sex geredet wird, dass Ben dann auch eine Geliebte hat, und dass deutlich wird, dass man manchmal wichtige Lebensentscheidungen treffen muss, macht den Streifen sehenswert und sogar ein wenig glaubwürdig. Und weil das ganze in so prächtige und kitschig-schöne portugiesische Klischeebilder verpackt ist, ist "Ein Sommer in Portugal" durchaus unterhaltend.
Alle Bilder: ZDF/Michael Keusch
"Ein Sommer in Portugal"
Sendetermin: 29. September 2013, 20.15 Uhr (ZDF)
Mit Gesine Cukrowski, Paulo Pires, Bernhard Schir, Patricia Andre, Lion Wasczyk und Zarina Zöller
Drehbuch: Michael Keusch
Regie: Michael Keusch
Kamera: János Vecsernyés
Schnitt: Julia Prokasky
Produktionsfirma: Rowboat
Als Liane (45) gespielt von Gesine Cukrowski auf dem Flughafen in Lissabon landet, wird das erste von vielen Klischees im Film bedient: Statt Ihres Mannes Ben wartet der klassische Latin Lover auf die attraktive, große Blondine: João (Paulo Pires). Ehegatte Ben (Bernhard Schir) hat seinen Freund und Kollegen zum Abholen der Holden geschickt, weil er selber noch in Marokko weilt, um sein letztes Hotelprojekt abzuschließen. Dabei war die Reise der beiden eigentlich als Rettungsmission für die bröckelnde Ehe gedacht. Aber nun steht da statt Ben der attraktive Südländer, der natürlich ganz romantisch per Moped gekommen ist, weil sein Auto eine Panne hat. Die gemeinsame Fahrt vom Flughafen zum Hotel führt folgerichtig zum ersten Körperkontakt - und zum nächsten Klischee: In Portugal sind die Polizisten nett, sprechen deutsch und sind irgendwie mit jedem bekannt. Weil João ohne Helm fährt, wird er angehalten, und es stellt sich heraus, dass der Beamte nicht nur perfekt Lianes Sprache beherrscht, sondern auch mit Joãos Schwester liiert ist. Portugalkenner wissen: das ist nicht immer so.
Regisseur Michael Keusch hat für RTL etliche TV-Filme gedreht und dabei eine ebenso sterile wie perfektionistische Bildsprache entwickelt. Diese treibt er nun auf die Spitze und gelegentlich etwas darüber hinaus. Die Aufnahmen und Perspektiven sehen bis an die Schmerzgrenze kitschig aber gut aus. Die Drehorte sind sorgfältig gewählt: Neben Lissabon geht’s nach Cascais und Sintra – ohne Frage touristische Perlen Portugals. Aber wieder muss man einschränken: Jeder der das Land kennt, weiß auch, dass es anders dort aussieht, als in diesem Film. Gerade Lissabon und besonders der mittelalterliche Stadtteil Alfama bestechen nicht alleine durch idyllische Sterilität, sondern werden erst durch den ganz unkitschigen Verfall lebendig und verfügen über einen morbiden Charme – den der Regisseur zu zeigen sich aber fast nicht traut.
Etwas schmuddelig aber eindeutig mit viel Romantik-Touch kommt dann das - ziemlich leere – eigene "Castelo" von João rüber, das natürlich in der Schloss-Stadt Sintra liegt. Leer deshalb, weil seine Frau erst schwanger wurde und dann Krebs bekam. Das Kind überlebte die Chemotherapie im Mutterleib nicht, die Frau starb bald danach. Witwer João präsentiert sich also als der ideale, selbst einsame und immer noch leidende Soft-Macho. Es kommt wie es kommen muss, Liane spielt die Witwertrösterin und erlebt ihre sexuelle Offenbarung. Denn von ihren bisherigen Orgasmen war "keiner echt", wie sie Ben gesteht, als der Film auf seinen dramaturgischen Höhepunkt zusteuert. Das hört sich alberner an, als es ist, denn zum Schluss hin entwickelt sich "Ein Sommer in Portugal" immer besser. Gesine Cukrowski kommt mit Liane klar, die sie zu Beginn etwas hölzern gibt, und die boulevardesken Momente wie chronologisch völlig zusammenhanglose Schnitte und deutsch sprechende Polizisten werden weniger.
Klischeehaft aber stimmig sind die Sprachübungen: Bis Liane den Namen Ihres portugiesischen Fremdenführers richtig vollmundig rausnuscheln kann, muss sie erst von einer Wespe gestochen werden und "aua" rufen. Überhaupt die Sprache. Dass João deutsch kann, mag ja noch angehen. Dass in dem Film aber fast kein Portugiesisch gesprochen wird, Liane auch anscheinend das in Hotels gängige Englisch nicht beherrscht und daher die Angestellten fröhlich auf Deutsch anspricht, worauf die auch mal auf Italienisch-Englisch ("Buona Sera, welcome in Portugal") antworten, wirkt gaga. Das wird aber durch einen Schlussgag – der nur für Insider einer ist - wieder gutgemacht: Als Liane "obrigado" (danke) sagt, verbessert sie sich schnell, weil sie es jetzt ja gelernt hat, und sagt richtig die weibliche Form "obrigada". Da lacht der Sprachkundige kurz auf.
Man ist sich bis zum Schluss nicht sicher, auch weil um Liane heftig und durchaus ehrlich geworben wird, für welchen Weg sie sich entscheidet. Dass offen über Sex geredet wird, dass Ben dann auch eine Geliebte hat, und dass deutlich wird, dass man manchmal wichtige Lebensentscheidungen treffen muss, macht den Streifen sehenswert und sogar ein wenig glaubwürdig. Und weil das ganze in so prächtige und kitschig-schöne portugiesische Klischeebilder verpackt ist, ist "Ein Sommer in Portugal" durchaus unterhaltend.
Alle Bilder: ZDF/Michael Keusch
"Ein Sommer in Portugal"
Sendetermin: 29. September 2013, 20.15 Uhr (ZDF)
Mit Gesine Cukrowski, Paulo Pires, Bernhard Schir, Patricia Andre, Lion Wasczyk und Zarina Zöller
Drehbuch: Michael Keusch
Regie: Michael Keusch
Kamera: János Vecsernyés
Schnitt: Julia Prokasky
Produktionsfirma: Rowboat