• Gäste können im PortugalForum zunächst keine Beiträge verfassen und auch nicht auf Beiträge antworten. Das klappt nur, wenn man registriert ist. Das ist ganz leicht, geht schnell und tut nicht weh: Registrieren. Und dann verschwindet auch dieser Hinweis ...

News Portugal: Regierung gegen griechischen Schuldenschnitt

kailew

Administrator
Teammitglied
Administrator
Teilnehmer
Dass sich die konservative portugiesische Regierung gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland ausspricht, dürfte keinen Beobachter verwundern. Bemerkenswert ist höchstens die Aufmerksamkeit, die diese Nachricht etwa in Deutschland verursacht. So widmet die FAZ dem Thema einen eigenen Artikel. Darin heißt es:
FAZ schrieb:
Die Regierungen Spaniens und Portugals haben sich am Wochenende deutlich von den Forderungen der neuen griechischen Regierung distanziert und insbesondere einen Schuldenschnitt abgelehnt. Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho wandte sich vor dem Parlament in Lissabon sowohl gegen Neuverhandlungen als auch gegen einen Schuldenerlass und sagte: „Das ist keine Perspektive, welche die Länder begeistert, die ihre Probleme lösen konnten.“
Wobei es eben die Frage ist, inwieweit erstens die Länder Südeuropas ihre Probleme lösen können - die höchstwahrscheinlich nicht oder nicht allein ihre Probleme sind. Die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die teils verhängnisvolle Rolle und Verantwortung Deutschlands für die Krise des Südens werden in einem Artikel in brand eins gut erklärt. Unter dem Titel "Ist Deutschland schuld an der Krise in Europa?" heißt es unter anderem:
brand eins schrieb:
Zwischen 1998 und 2007 konnten sich hiesige Unternehmen einen Kostenvorteil sichern, gemessen an den nominalen Lohnstückkosten. Und zwar von rund 15 Prozent gegenüber Belgien und Frankreich, von etwa je 25 Prozent gegenüber Portugal und Italien, von je mehr als 30 Prozent im Vergleich zu Griechenland und Spanien und von gar 40 Prozent gegenüber Irland.

Eine der Folgen dieses Kostenvorteils war der 2007 erreichte Exportüberschuss Deutschlands von 167 Milliarden Euro und entsprechende Defizite bei den hoch verschuldeten europäischen Partnern – ein gigantisches Ungleichgewicht, das unweigerlich zur Krise führen musste.

Spannend liest sich auch dazu ein an die Deutschen. Darin versucht er zu erklären, warum die jetzige Politik von EU und Troika sein land erstickt und fiskalisches Waterboarding sei. Der Brief findet auch in Portugal ein Echo: Wenn man dann noch die neue Kolumne von Georg Diez im Spiegel liest, wird einiges deutlich. Da steht etwa:
Georg Diez schrieb:
Überhaupt, darauf hat der Chefökonom der "Financial Times", Martin Wolf, hingewiesen, kamen bislang nur elf Prozent der "Hilfszahlungen" bei der griechischen Regierung an. Der Rest ging mehr oder weniger direkt an die Banken, die einen Bailout bekamen, auf den die Bevölkerung seit Jahren wartet.

In Portugal wo im Herbst gewählt, und alle Umfragen gehen derzeit von einem Regierungswechsel aus, war das ja nicht viel anders. Auch hier wurden Hilfsgelder verwendet, nicht alleine um die Staatsfinanzen zu sanieren, sondern um das private Finanzsystem zu retten. Bei den Wahlen im Herbst werden wohl die eher zahmen Sozialdemokraten vorne sein, dennoch aber fürchtet sich etwa der Internationale Währungsfonds, dass Portugal ausschert und :
Das frühere Euro-Krisenland Portugal darf nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) trotz aller Sanierungserfolge bei den Sparbemühungen und Reformen auf keinen Fall nachlassen. Unter anderem auf dem Arbeitsmarkt seien weitere Reformen nötig, um höhere Wachstumsraten und ein dauerhaftes Gleichgewicht in der Wirtschaft zu erreichen.
Ich bin nach wie vor sehr gespannt, welche Auswirkungen mögliche Änderungen in der griechischen Politik auf die anderen südeuropäischen Länder haben können.
 
Nach einem Artikel der Welt
... stoßen die Forderungen des neuen griechischen Premierministers Alexis Tsipras, einen Schuldenverzicht der Gläubiger durchzusetzen, auf wenig Gegenliebe (in Portugal)...
Hintergrund ist, dass Portugal einerseits auf Gleichbehandlung innerhalb der EU beharrt, andererseits bilaterale Kredite an Griechenland ausgereicht hat, die es natürlich gerne bedient haben will.

Der ganze Artikel:
Portugal wenig erfreut über Tsipras Vorstoß auf Schuldenverzicht - Nachrichten - DIE WELT
 
Kann ich voll verstehen, ich möchte für meinen Hauskredit auch gerne einen Schuldenschnitt...wenn mein Nachbar einen bekommt.
Alles nur Säbelgerassel.
Thomas
 
Das Thema "Portugal gegen Griechenland" hat zu einem weiteren Artikel, hier bei heise/ telepolis, geführt. Darin wird verdeutlicht, dass die Lobeshymnen für Portugal auf falschen Aussagen beruhen und es inzwischen eine Front quer durch alle politischen Lager (auch aus der Regierungskoalition) gegen die Politik des portugiesischen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho gibt:
Gutes Portugal gegen böses Griechenland? | Telepolis
 
Hier mal ein portugiesischer Kommentar zu der unglaublichen Selbstherrlichkeit und Arroganz, mit der sich Passos Coelho und Cavaco Silva gegenüber den Griechen gebärden. Die Hellenen haben der Welt für solch ein Verhalten, wie es PC und CS an den Tag legen, ja ein schönes Wort geschenkt: Hybris*.



* Wikipedia: Die Hybris bezeichnet eine extreme Form der Selbstüberschätzung oder auch des Hochmuts. Man verbindet mit Hybris häufig den Realitätsverlust einer Person und die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, Leistungen und Kompetenzen, vor allem von Personen in Machtpositionen.
 
Kann ich nachvollziehen. Was wäre ein nachgeben für ein Signal an die eigene Bevölkerung gewesen?
Was für ein Signal an alle Schuldner?
Wozu sparen,wozu Schulden tilgen, wenn am Ende des Tages doch alles vergeben und vergessen ist.
Ein symbolischer Akt des Nachgebens bzw. des Verlängerns ist OK.
Was in ein paar Monaten wieder passiert, ist ja noch offen.

Und ganz ehrlich, wenn jemand ein hybrides Aufgetreten zeigte, dann doch wohl die neue Athener Regierung.
Tief in den Griechen ist noch fest verwurzelt, das sie von den Göttern abstammen und sie die Demokratie erfunden haben...
Sorry, aber meine Meinung.

Man kann über die Sparmaßnahmen denken was man will. Ich bin da auch nicht mit allem einverstanden. Aber das es Konsequezen haben muss, wenn ich Jahrzente über meine Verhältnisse lebe, weiß jeder. Auch jeder Grieche.
Und es waren nicht nur ein paar Menschen in Griechenland, es war und ist eine Einstellung.
Und genau da liegt das Problem.
Und das betrifft sehr viele Länder.
Deutsche wurden immer belächelt, Bar zahlen, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Regeltreue.
Aber nicht alles ist falsch. Sicher muss ich nicht um 4 Uhr nachts an einer leeren Kreuzung bei Rot warten, aber Rechnungen müssen beglichen werden...
Gruß
Thomas
 
@Ozzy, das Problem an der Sache ist, dass die sogenannten "Schulden" eben einen erhebliche wirtschaftspolitische und wirtschaftslogische Komponente haben, die in der Struktur und Organisation der EU und des Euro begründet liegt. Es ist absolut zwangsläufig, dass es bei der Art und Weise der Volkswirtschaften zu so einer Situation kommen muss - und in Zukunft immer wieder kommen wird. Das hat mit fehlender Sparsamkeit sehr wenig zu tun, und Sparsamkeit ist keine Lösung, weil das eine Volkswirtschaft eben auch abschnürt, und die Sparsamkeit durch billiges Geld eben auch gezielt und systematisch und gewollt verhindert wird und verhindert werden muss. Jedenfalls in einem "modernen" auf Wachstum ausgelegten Wirschaftssystem.

Beispiel Portugal: Bis zur Einführung des Euro wurde - und das ist in Griechenland ebenso - der inländische Konsum von Importprodukten über das Wähgrungsgefälle durch den Wechselkurs des Escudo geregelt. Sprich: Der Escudo-Kurs entsprach ziemlich genau der Leistungsfähigkeit der portugiesischen Wirtschaft und wurde im internationalen Vergleich immer wieder korrigiert, so dass importierte Waren teuer blieben und eben Luxus, den sich einfach nur wenige leisten konnten. Das betraf alle Bereiche, vom Lebensmittel bis zum technischen Gerät. Man konnte nur das bezahlen, was man sich realistisch aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eben leisten konnte. Eine Folge und Konsequenz dieser Konstellation war nun auch, dass Kredite teuer waren und schwer zu bekommen, da eben wenig Geld in Umlauf war und für einen Kredit eben nur inländische Sicherheiten galten unter der Logik der ständigen Abwertung des Escudo, was das Kredite vergeben nicht eben befeuerte.

Dann kamen die EU und der Euro. Mit der EU fielen zunächst Handelsbeschränkungen weg, was erstmal die Importe verbilligte und erleichterte. Dann kam mit Struktur- und Regionalfonds der EU Geld ins Land - und zwar etliche Milliarden Euro. Dafür wurden zunächst mal Autobahnen gebaut - oft am Bedarf vorbei, aber so war eben die Logik. Nicht gestärkt, sondern weiter geschwächt durch andere Entwicklungen wurde die portugiesische Wirtschaft. Es gab zwar einzelne Projekts, aber keine durchgreifenden strukturellen Wandlungen, was sicher auch auch der jeweiligen Regierung lag - damals auch Cavaco da Silva.

Mit dem Euro schließlich fielen die letzten Hemmnisse und vor allem die letzte Kenngröße der realistischen Kaufkraft der portugiesischen Wirtschaft. Gleichzeitig gab es in Deutschland, wo die Produktivität sowieso schon höher war, weil eben die Wirtschaft einen beständigen Strukturwandel auszubalancieren hatte, scharfe Austeritätsreformen mit der Hartz-4-Gesetzgebung. Dadurch geriet nun Portugal (aber auch andere Länder) weiter ins Hintertreffen, während sich einerseits die Länder des Nordens Kostenvorteile sicherten - bis zu 30 Prozent - und gleichzeitig massiv Geld nach Portugal gepumpt wurde, dass angelegt und ausgegeben werden wollte. Im Eiltempo entstand eine portugiesicher Mittelstand, der plötzlich Konsumbedürfnisse mit billigen Krediten befriedigen konnte und wollte. Jeder der an dieser Entwicklung beteiligt war, wollte das, ohne Rücksicht darauf, dass die portugiesische Wirtschaft das einfach nicht hergab. Und wenn sich daran nichts ändert - und wie sollte es das - wird es so weitergehen.

Kai
 
Kai,
ich geb Dir in vielen Punkten recht. Doch der Wechselkurs des Escudos zur bspw. DM war seit Jahren fest. Da gab es nur einen kleinen Korridor zum auf und abwerten.
Durch die verbilligten Importe wurden heimische Produkte komplett verdrängt, das ist richtig und immer wieder so passiert, wo kleinere Volkswirtschaften auf gestählte trafen.
Verschärft durch billige Arbeitskräfte in Asien sind ganze traditionelle Wirtschaftszweige ausgestorben. Richtig, wie in Deutschland.
Das ist nur viel schneller und dadurch schlimmer in Portugal abgelaufen. Es gab keine Möglichkeiten das zu kompensieren.

In Griechenland aber wurde sehr wenig für den Export produziert. Womöglich durch die Geografie bestimmt, da ja doch sehr viele Inseln vorhanden sind.
Viel wurde auf Tourismus gesetzt.
Ich schreib ja, das ich nicht mit allem einverstanden bin. Ich kann durch dieses eiserne Sparen keine Volkswirtschaft wieder auf Kurs bringen.
Die Zeche sollen die Kleinen zahlen, da man an diese leicht dran kommt und sie einfach das Gro der Leute darstellen.

Aber es muss die Korruption bekämpft werden, die Steuerehrlichkeit und ganz allgemein die Steuergesetze überarbeitet werden.
Das Problem ist, das Brüssel davon ausging, das in diesen Ländern alles so ist wie im Norden. Steuerkataster, Grundbuchämter, EDV und Zahlungsmoral.
Das Pferd wurde einfach von der falschen Seite aufgezäumt. Und nur wenige erkennen das heute. Es wird sich nichts ändern.

Ich will jetzt keine Beispiele schreiben, was man so aus Griechenland hört, was in der Vergangenheit schief lief. Ich war nicht dort und kann es überprüfen.
Aber da stehen einem schon die Haare zu Berge, wenn da nur ein Teil von wahr ist.

Der Punkt ist aber, wie soll ein Volk dazu erzogen werden, Steuern pünktlich und ehrlich zu zahlen, Rechnungen zu zahlen und ganz allgemein sich "zivilisiert" zu verhalten wenn eine Regierung daherkommt und sagt, so, alles was war, zählt nicht mehr. Weg mit den Schulden, weg mit dem ganzen Druck. Machen wir nicht mehr mit.
Der Lerneffekt ist dann ab adsurdum geführt und die Gefahr, das andere Völker sich das ansehen und sich denken, hey, das machen wir auch, ist groß.
Gruß
Thomas
 
Kann ich nachvollziehen. Was wäre ein nachgeben für ein Signal an die eigene Bevölkerung gewesen?
Was für ein Signal an alle Schuldner?
Wozu sparen,wozu Schulden tilgen, wenn am Ende des Tages doch alles vergeben und vergessen ist.
Wo hat Portugal denn gespart oder Schulden getilgt? Die öffentliche Verschuldung Portugals ist - wie es in einem der beiden Kommentare auch steht - munter weitergestiegen.

Dívida_pública_de_Portugal.png


Dívida_pública_bruta_de_Portugal.png


Das Geld, das z.B. in der Bildung, im Gesundheits- und Sozialwesen eingespart wird, verschleudert man andernorts. Die Herren, die dem Volk predigen, daß es den Gürtel enger schnallen müsse, weil es jahrelang über seine Verhältnisse gelebt habe, leisten sich selbst eine satte Erhöhung ihrer eigenen Bezüge. Es wurden keinerlei Schulden getilgt, sondern lediglich zu etwas besseren Zinskonditionen umgeschuldet.
 
  • Like
Reaktionen: HJV
Das gleiche gilt aber auch für das "Musterland" Deutschland. Auch hier steigt die öffentliche Verschuldung und Bezüge werden erhöht...

Ich denke, es ist weltweit ein Punkt erreicht, an dem allein die Zinslast zu einem Umdenken führen muss.
Aber dieses setzt nicht ein.
Es wird massiv beim Umweltschutz geändert, aber auch Finanzsektor muss ein umdenken erfolgen.
Aber was kümmert einen Banker mit xxx Jahresgehalt sich darum. Dort herscht nach wie vor die Denke, ein paar Jahre reinhängen und rausholen was geht.
Dann zur Ruhe setzen...
Hab ich selbst erlebt.
In der Wirtschaft und ganz speziell im Finanzsektor gibt es kaum noch Moral und Ethik.
 
  • Like
Reaktionen: HJV
Hallo Ozzy,
Doch der Wechselkurs des Escudos zur bspw. DM war seit Jahren fest. Da gab es nur einen kleinen Korridor zum auf und abwerten.
Wenn Du Dir diese Grafik anschaust, siehst Du, wie das Wechselkursverhältnis seit 1958 war:

800px-DEM_to_PTE.jpg


Es gab immer wieder mal kurze Stabilitätsphasen, etwa von 1980 bis 1981, dann von 87 bis 89 und von 90 bis 93 und dann ab Mitte 1993 bis heute. Die erste Stabilitätsphase trifft um 1980 meines Wissens mit der Einführung des ECU zusammen, was sowas wie der Vorgänger des EURO war, wo man versucht hat, die europäischen Währungen in ein festes Verhältnis zueinander zu stellen. Insgesamt aber ist der Escudo seit 1976 regelmäßig von zum Teil ständigen oder aber phasenweise heftigen Abwertungen geprägt. Und das hat natürlich mit dem Eintritt Portugals ins westliche Wirtschaftssystem nach der Nelkenrevolution 1974 zu tun. Die wurden dann notwendig, als das Land sich geöffnet hatte, begonnen hatte Schulden zu machen, die eben nicht anders als per Abwertung zumindest teilweise beglichen werden konnten. Und zwar immer und immer wieder in den Jahren bis 1993/94 ... Dass es nur einen kleinen Korridor gab, würde ich so jedenfalls nicht sagen. In Griechenland, Italien, Spanien und anderen Ländern lief es ähnlich.
Durch die verbilligten Importe wurden heimische Produkte komplett verdrängt, das ist richtig und immer wieder so passiert, wo kleinere Volkswirtschaften auf gestählte trafen.
Das mag auch passiert sein, das meinte ich aber nicht. Es sind keine verbilligten Importe passiert, sondern die Importe waren zu teuer! Viel zu teuer für ein Wirtschaftssystem, dessen Produktivität weit, weit unter dem der Länder lag, aus dem die Waren kamen. Dazu kam, dass durch schärfste Sparmaßnahmen sich vor allem Deutschland in den Jahren ab 2003 nach der Agenda 2010 die Situation weiter verschärften. Sieht man sich die Leistungsbilanzen der EU-Staaten im Vergleich an, kann man gut sehen, wie sehr Deutschland gegenüber den anderen Nationen an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat:

Ausgew%C3%A4hlte_Leistungsbilanzsalden_relativ_zum_BIP_in_der_Eurozone_%281997-2010%29.png


In diesem Text ist die Grafik gut erklärt. Da heißt es unter anderem:
Wikipedia schrieb:
Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Deutschland schon vor der Agenda 2010 mit der Lohnzurückhaltung über das Ziel hinausgeschossen sei. Ausweislich des positiven Leistungsbilanzsaldos ab 2001 könne spätestens dann von mangelnder Wettbewerbsfähigkeit keine Rede mehr sein. Seit 2001 sei die unterdurchschnittliche Lohnentwicklung eine einseitige Exportförderung auf Kosten der anderen Euro-Staaten gewesen, die maßgeblich zur Eurokrise beigetragen habe.
Die deutsche Lohnzurückhaltung, damit die erheblichen Kostenvorteile bei den Exporten gegenüber den anderen EU-Staaten und die höhere Produktivität, die sich in den immer schon guten Lohn-Stück-Kosten in Deutschland niederschlug, hat letztlich dafür gesorgt, dass Deutschland eben enorme Vorteile im Wettbewerb hatte. Hier nochmal der Vergleich der Lohn-Stück-Kosten:

Lohnst%C3%BCckkosten.jpg


Deutschand hatte Vorteile in einem Wettbewerb mit Staaten, mit denen es in einer gemeinsamen Währung verbunden ist! Eine gemeinsame Währung, in der dann eben auch noch massiv Kredite bewilligt werden, in der auch durch Preiskampf und andere Maßnahmen der inländische Konsum in Portugal angekurbelt wird, wo massig billiges Geld - aber eben keine indurstriellen Strukturinvestitionen, sondern "nur" Investitionen in hochverzinste, riskante Staatsanleihen - ins Land kommt - was soll daraus denn anderes folgen, als irgendwann die Erkenntnis, dass man zu viel konsumiert hat? Wenn eine Regierung die Wirtschaft ankurbeln will und soll, sie dafür von "Europa" billige Kredite in Euro bekommt, weil das jetzt ja auch die inländische Währing ist, dann anfängt, dieses Geld wie wild auszugeben in Straßenbau und andere Infrastrukturmaßnahmen, wo die Auswirkung letztlich unsicher ist, was aber soll die Regierung denn auch anderes machen? Von den außerhalb der Sommermonate leeren Straßen? Von Brücken und Eisenbahnen, die defizitär sind? Von öffentlichen Verwaltungsgebäuden, in denen es teils wenig zu verwalten gibt? Mit der Einführung des Euro ohne eine gemeinsame Wirtschaftspolitik und ohne einen Finanzausgleich, wie es ihn zwischen den Bundesländern gibt war klar, dass es so kommen musste. Unausweichlich. Egal wie hoch Korruption und Schlamperei sind. Ich bin mir sicher, das wäre auch in einem grundehrlichen Land haargenauso abgelaufen.
Aber es muss die Korruption bekämpft werden, die Steuerehrlichkeit und ganz allgemein die Steuergesetze überarbeitet werden.
Das stimmt ohne Frage, es ändert aber am grundsätzlichen Problem nichts. Denn das Geld, was da an Steuern mutmaßlich gespart wird, ist ja nicht automatisch dem Wirtschaftskreislauf entzogen sondern wird teilweise wieder dem Konsum zugeführt. Steuerrechtlich natürlich problematisch, volkswirtschaftlich nicht so sehr, meine ich.
Das Problem ist, das Brüssel davon ausging, das in diesen Ländern alles so ist wie im Norden. Steuerkataster, Grundbuchämter, EDV und Zahlungsmoral.
Mal ehrlich: Wie gut ist die Zahlungsmoral denn in Deutschland? Ich höre immer wieder, dass besonders die öffentlichen Auftraggeber eine miese Zahlungsmoral haben. Und das mit den Steuern? War da nicht gerade die Geschichte, dass die größten Firmen nur wenige Prozent Steuern zahlen, bei ihren Firmensitzen in Luxemburg. Und die Reeder zahlen auch in Deutschland kaum Steuern! Leck an Steuerbord: Wie deutsche Reeder Millionen sparen - Deutschland - Politik - Handelsblatt
wenn eine Regierung daherkommt und sagt, so, alles was war, zählt nicht mehr. Weg mit den Schulden, weg mit dem ganzen Druck. Machen wir nicht mehr mit.
Ja und? Es wäre wirklich an der Zeit, dass sich nicht nur eine Regierung sondern alle Staaten mit extrem negativer Handelsbilanz Deutschland gegenüber diesem perversen System verweigern, dass deutsche Produktivität gepaart mit Lohnzurückhaltung und dadurch Mini-Inflation dazu führt, dass die anderen Staaten langsam aber sicher ausbluten und die dortigen Bevölkerungen zwar arbeiten (und das nicht zu knapp und auch meist mehr als in Deutschland) aber dafür nichts bekommen. Es wäre an der Zeit, dass es endlich einen Finanzausgleich gibt, der der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit Rechnung trägt, statt die Völker gegeneinander aufzuhetzen.
Es wurden keinerlei Schulden getilgt, sondern lediglich zu etwas besseren Zinskonditionen umgeschuldet.
Eben. Ich glaube nicht, dass es einen Ökonomen auf der Welt gibt, der einen Weg weiß, wie etwa Portugal oder Griechenland jemals die Schulden zurückzahlen könnten. Diesen gibt es nämlich nicht, sondern insgesamt (auch die Schulden der EZB sind am Ende auch wieder portugiesische Schulden!) steigen diese immer und immer weiter. Der Schuldenschnitt und damit auch Verluste in Deutschland wird früher oder später kommen.

Kai
 
Zuletzt bearbeitet:
inhaltlich stimmen die Äußerungen der Marktfrau mit den offiziellen Äußerungen der portugiesischen Regierung überein: Teil der Notkredite soll zurückgezahlt werden: Portugals langer Weg aus der Krise | tagesschau.de
es ist wie gesagt eben in Wirklichkeit so, dass vor allem auch durch die Stützungsaktionen der EZB - für die wir auch irgendwann die Rechnung präsentiert bekommen - die Zinsen an den Kapitalmärkten runtergegangen sind. Das macht sich Portugal zu Nutze und schuldet erstens um und ist zweitens in der Lage sich sehr langfristig zu moderaten Zinsen Geld zu leihen. An der faktischen Situation was die Wirtschaftsleistung betrifft, hat sich nicht allzuviel geändert, man ist eben ein bisschen vorsichtiger und auch etwas akkurater, aber strukturell ist noch vieles im Argen und wird es bleiben. Portugals Wirtschaft ist eben schwach, das Land ist strukturell nicht in der Lage mit den exportstarken Nationen mitzuhalten. Was die EZB mit dem Ankauf von Staatsanleihen macht, ist eben eine Art Finanzausgleich, mal sehen, wie lange das gutgeht ...

Und diesen Artikel von Telepolis hast Du ja selber letztens gepostet: Gutes Portugal gegen böses Griechenland? | Telepolis

Zitat daraus:
Telepolis schrieb:
Kein Kredit wurde bisher zurückgezahlt. Die Finanzminister der Eurogruppe haben dem Land nur erlaubt, einen Teil des IWF-Kredits zurückzuzahlen. 14 Milliarden Euro sollen erst in den nächsten zweieinhalb Jahren an den IWF überwiesen werden. Das ist ohnehin nur ein Teil der 26 Milliarden Euro, die im Rahmen der Hilfskredite in einer Gesamtsumme von 78 Milliarden nach Portugal geflossen sind. Und von Tilgen kann keine Rede sein, denn dieser Kredit wird nur über andere Kredite abgelöst. Das soll nach Angaben der portugiesischen Regierung eine Zins-Einsparung von 500 Millionen Euro bringen.
Und:
Telepolis schrieb:
Es ist die Geldschwemme der EZB, die es auch Portugal ermöglicht, wieder über die Kapitalmärkte an günstigere Kredite zu kommen. Der IWF-Kredit, für den 3,25% Zinsen gezahlt werden müssen, kann durch zinsgünstigere Kredite ersetzt werden. Wegen der EZB Nullzinspolitik suchen renditehungrige Anleger auch nach riskanten Anlagemöglichkeiten. Deshalb erhält Portugal wieder Kredite, obwohl die wirtschaftliche Lage nach dem Verlassen des Rettungsschirms schlechter ist, als beim Gang unter den Rettungsschirm. Da aber nun die EZB die Notenpressen auf Hochtouren laufen lässt und monatlich für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen der Euroländer kaufen will (Europäische Zentralbank verschießt letzte Patrone), sind die Renditen für portugiesische Staatsanleihen weiter gesunken.
Dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen.

Wenn der ARD-Korrespondent aus Madrid, der immer Tehjschära sagt statt Tejhsschejihra, das anders sieht, dann hat er meines Erachtens die Logik der Sache nicht ganz verstanden ... ;)
Kai
 
Bei mir kam der ganze Beitrag eh mehr als Werbung für die "guten" Portugiesen und als Spitze gegen die "bösen" Griechen an... :fies:
 
Hi Kai,

ich meinte auch den Wechselkurs ab 93. Dieser verlief in einem engen Korridor.
Der Schuldenschnitt wird schleichend kommen, den kein Politiker wird sich trauen, die Wahrheit auszusprechen.
Obwohl das gigantische EZB Programm Europas Altersvorsorgen auffressen wird. Aber eben schleichend.
Ich sehe, worauf Du hinaus willst. Aber ich denke nicht, das in der derzeitigen Situation ein EU-Länderfinanzausgleich zu machen ist.
Der Länderfinanzausgleich in Deutschland wird ja derzeit gerade angezweifelt.
Wie Du schreibst, müsste eine ganzheitliche europäische Wirtschaftspolitik her. Dieses wird aber auch schon seit Jahren gefordert, aber nicht umgesetzt.
Dies ist ein Fehler im Fundament der EU. Angedacht, aber nicht umgesetzt. Hätte zeitgleich mit dem Euro kommen müssen.
Aber da wurde wohl eher auf die Lobby der Wirtschaft und der Finanzen gehört.
Denn diese sind die wirklichen Gewinner dieser Situation. Ich glaube nicht, das man wirklich Völker gegeneinander aufwiegeln will.
Eigentlich wollte man Volkswirtschaften gegeneinander ausspielen. Das klappte ja auch ganz gut, die Wirtschaftskarawanne zog ja auch durch die iberische Halbinsel.
Bis irgendwann ein paar Balkan Billiglohnländer gesichtet wurden und danach ein paar asiatische Lohnsklaven auftauchten.
Vorher nahm man noch gerne alle Subventionen der Länder mit, die man zugesteckt bekam.

Aber mal so in die Runde geschmissen, die USA ist ja auch ein Staatenverbund. Mir ist nicht bekannt, das es eine tatsächliche Gesamtwirtschaftspolitik gibt.
Oder gibt es die dort?
T
 
Aber mal so in die Runde geschmissen, die USA ist ja auch ein Staatenverbund. Mir ist nicht bekannt, das es eine tatsächliche Gesamtwirtschaftspolitik gibt.
Oder gibt es die dort?
ja, aber ... ;)



 
Zurück
Oben